Automatischer Devisenhandel während der EZB-Sitzung – Erste Erkenntnisse

Ich bin noch da. 93 Prozent aller Analysten haben für den 22. Januar einen Finanz-Kollaps vorrausgesagt, aber noch bin ich da, auch wenn mein Konto nur eine Nuss-Schale auf dem großen Forex-Teich ist.

Der Tag heute wurde eingeleitet von negativen Prognosen für den Euro und ging nach der Entscheidung der EZB noch reißerischer weiter:

EuroAbsturz

Wie fühlt sich so ein Tag im automatischen Devisenhandel an?

Grundsätzlich mußte ich mich entscheiden, ob ich meinem System auch an so einem Tag vertraue, den schließlich war ich 100 Kilometer entfernt. Und ich habe mich entschlossen, den heutigen Tag durchzutraden. Aber wirklich wohl gefühlt habe ich mich nicht dabei!

Den ganzen Vormittag über habe ich überlegt, ob ich das Richtige tue. Meine Vorstellung war ziemlich eindeutig: Ich sah meine Echtgeldkonten in wenigen Minuten in den Keller rauschen. Was sollte auch sonst passieren, nachdem letzte Woche allein die Aufhebung der Preisbindung an den Schweizer Franken eine finanzielle Katastrophe ausgelöst hat?

Warum habe ich mich trotzdem für automatischen Handel entschieden?

Natürlich musste ich eine Entscheidung treffen. Und mein Gefühl sagte mir, daß es besser sei, mein System in solchen Krisensituationen nicht laufen zu lassen.

Die Gründe dagegen:

  • Es kann immer etwas schief gehen, z.B, könnten die Daten unvollständig übermittelt werden.
  • Bei zu hoher Volatilität bekommt eventuell man keine Order durch.
  • Zum Zeitpunkt der EZB-Pressekonferenz war ich 100 Kilometer von meiner Metatrader-Installation weg.
  • Es könnte richtig teuer werden, wenn etwas schief geht.
  • Ich traue in Krisen mir immer noch mehr zu, als einem automatischen System

Die Gründe dafür:

Tatsächlich ist der letzte Punkt dagegen auch mein Hauptgrund dafür. Ich traue immer noch mir mehr zu als meinem System. Und das ist nicht gut. Wie soll ich denn zukünftig ruhig schlafen können, wenn ich nicht weiß, ob und wie Golden Goose in Krisenzeiten funktioniert? Wo ziehe ich die Grenze zwischen dem "schlauen Menschen" und dem "doofen Computer"? Und vor allen Dingen: Warum mache ich mir überhaupt die Mühe, automatische Systeme zu erstellen wenn ich in Krisensituationen doch der Meinung bin, daß sie nichts taugen?

Für mich gab es nur einen Weg und das war, die Automatik auch heute laufen zu lassen. Natürlich habe ich einige Anpassungen vorgenommen, zum Beispiel wäre ich im Leben nicht bereit gewesen heute im EURUSD long zu gehen. Aber ich habe keinen einzigen Trade manipuliert und ich bin noch da. Trotz einem historischen Tief im Euro und trotz der Tatsache, daß ich den ganzen Tag ein extrem unangenehmes Gefühl in der Magengegend gehabt habe.

Was ich heute gewonnen habe

Keinen einzigen Cent. Und das wird wahrscheinlich einige Wochen so bleiben. Eventuell erwischt es mich irgendwann doch noch, aber bis jetzt bin ich einfach froh und zufrieden. Froh, weil meine Konten noch leben und zufrieden, weil ich trotz Angst vor massiven Verlusten nicht schwach geworden bin. Automatischer Devisenhandel ist kein Kindergeburtstag.

Ich habe ein System, dem ich heute mehr vertraue als gestern. Hätte ich gekniffen, wäre das wahrscheinlich anders herum gewesen. Die einzige Alternative hätte für mich bedeutet, daß ich mich in vorauseilender Aufgabe selbst hätte besiegen müssen. Und deshalb bin ich heute froh, die (für mich) richtige Entscheidung getroffen zu haben...